Bei ungefähr 70 Prozent aller Merger kann das Potenzial des Deals nicht oder nicht vollständig realisiert werden. Zahlreiche Studien zeigen, dass die kritischste Phase die Post-Merger-Integration (PMI) ist. Wie die kulturelle Integration schon vor dem Closing geplant und ab Day One umgesetzt wird, spielt eine zentrale Rolle dabei, dass das operative Geschäft im neuen Kontext gut anlaufen und Fahrt aufnehmen kann. Wir zeigen dir, worauf es bei der kulturellen Integration ankommt.

Kultur ist das Herzstück des Erfolgs

Wer meint, mit der neuen Vision, der neuen Strategie, dem neue Leadership-Team die Weichen für den Erfolg bereits gestellt zu haben, wird häufig eines Besseren belehrt. Wenn zwei Unternehmen mit je eigenen kulturellen Identitäten, Visionen, Strategien zusammengelegt werden, wird nicht automatisch eine funktionierende neue Organisation daraus.

Die neu entstehende Organisation braucht eine neue, gemeinsame Identität: So sind wir, so arbeiten wir zusammen. Sie entsteht ab Day One, idealerweise systematisch und geplant, sonst eben im Wildwuchs. Wer die Arbeit an der neuen Identität vernachlässigt, riskiert, dass die Beteiligten mangels gemeinsamer Gefühle der alten Identität und Vision verbunden bleiben. Alte Seilschaften behalten ihre Bedeutung, das Neue wird tendenziell abgelehnt.

Eine Expertin bei einem internationalen IT-Dienstleister erinnert sich daran, was sie erlebt hat: „Beim dritten Merger innerhalb von zehn Jahren war ich schon total gelassen. Ich habe gewusst, dass sich die Wogen wieder glätten würden. Jedes Mal kocht die Gerüchteküche über und natürlich leidet das Kundengeschäft. Und wenn dann noch, wie bei uns, viele Ungerechtigkeiten wie z. B. verschiedene Gehaltsmodelle dauerhaft bleiben, dann bleiben auch Neid und Unzufriedenheit. Ich verstehe das. Ich war jedes Mal auf der besseren Seite, aber ich habe Verständnis für die Kolleg:innen, die frustriert waren, weil sie nicht weiterkamen, weil wir bessere Dienstverträge hatten, weil unsere Sonderrechte teuer abgelöst wurden.“ Wer da noch glaubt, dass alle diese Vorgänge die Mitarbeiter:innen kalt lassen und sie weiterarbeiten wie bisher, der täuscht sich gewaltig.

Gut geplant ist halb gewonnen

Durch die Integration zweier Kulturen treten zwangsläufig Probleme in der Zusammenarbeit auf. Das ist normal. Natürlich gibt es auch keine Patentlösungen dafür. Für PMI werden zudem andere Kompetenzen gebraucht als für den normalen Geschäftsbetrieb. Sie sind von den strategischen Zielen des Deals und von der Strategie für die neue Organisation abhängig. Welches System wird der neue Standard? Ist eine vollständige Integration geplant oder das Beste aus beiden Welten? Viel hängt auch von den Erwartungen der Investor:innen ab. In der Phase der Post-Merger-Integration besteht ein hoher Bedarf an Kommunikation über die Transformation und die neue Kultur.  

Das Narrativ der Transformation kommunizieren

Alle Beteiligten sind auf Informationen angewiesen, weil sich für alle, vom CEO abwärts, vieles ändert. Unsicherheit ist Gift, klar kommunizieren ist ein Gebot der Stunde. Klare Kommunikation schafft Vertrauen, fördert Motivation und Kommunikation untereinander. PMI ist nur erfolgreich, wenn die Menschen miteinander reden: Informationen austauschen, neue Regeln erarbeiten, die Zusammenarbeit miteinander gestalten. Miteinander statt übereinander reden, Konflikte klären statt Gerüchte verbreiten trägt dazu bei, dass die beiden Teile zusammenwachsen und die neue Organisation entsteht. 

Wichtiges Datum: Day One

Was passiert am Day One? Was muss wann kommuniziert werden? Bei einem Merger in der Halbleiter-Industrie wurde auf symbolische Handlungen gesetzt: Am Day One holte der Vorstand der übernehmenden Organisation den Vorstand des übernommenen Unternehmens ab. Vor dem neuen gemeinsamen Headquarter war ein roter Teppich ausgerollt, es folgte ein kleiner Festakt, die Übernahme war damit auch sichtbar und vor allem wertschätzend vollzogen.

Post-Merger-Integration proaktiv gestalten

Jeder Merger ist anders, daher sollte sich das für Transformation und Organisationsentwicklung zuständige Team folgende Fragen stellen:

  • Wie lautet die Erfolgsgeschichte des neuen Unternehmens?
  • Was muss kommuniziert werden?
  • Was bleibt wie bisher?
  • Was wird sich sofort verändern? (Doppelgleisigkeiten, Abläufe etc.)
  • Was wird sich in den ersten Wochen und Monaten verändern?
  • Wo findet man mehr Informationen?
  • Wer steht bei Fragen zur Verfügung?
  • Wer kommuniziert was?
  • Wie wird der Day One ablaufen?

Beteiligte einbinden und gestalten lassen

Merger ist immer auch ein Transformations-Thema, daher stellt sich bei jedem Merger die Frage: Welche Geschichte erzählen wir? Die neue Organisation braucht eine gemeinsame große Vision. Nur dann wird sich jede:r Einzelne mit seinen bzw. ihren Zielen unterordnen und Kompromisse schließen. Der Schlüssel für gelungene Kooperation lautet: Ein gemeinsames Ziel, zu dem jede:r durch Einsatz für seine individuellen Ziele und durch Kompromisse beiträgt.

Merger sind wie alle Veränderungsprozesse, sie verunsichern. Sie machen die Menschen besonders sensibel für Benachteiligung, mangelnde Wertschätzung und Ungerechtigkeiten. Jede der beiden bisherigen Organisationen bringt Kultur, Normen, Werte und Regeln mit. Wenn Unternehmen A und B zusammengeführt werden, bekommt A etwas, was es vorher nicht hatte. Wenn es nicht gelingt, einen Teil der Kultur von B zu integrieren, wird man auch nicht bekommen, was man eigentlich einkaufen wollte.

Daher ist es wichtig, die gewünschte Kultur von Anfang an zu diskutieren und sobald wie möglich umzusetzen. Mögliche Instrumente sind:

  • Leadership-Offsites
  • Leadership-Trainings
  • 1:1-Coachings
  • Standardisierte Kultur-Workshops, um Vision, Leitbild, Werte und Ziele auf die konkrete Situation aller Führungskräfte und Mitarbeiter:innen herunterzubrechen
  • Train-the-Trainer-Konzept, um Kultur-Workshops effizient zu skalieren
  • Team-Workshops, um den Team-Spirit zu fördern
  • Marktplätze für alle Stakeholder eines Produktes bzw. eines Bereichs, um Vereinbarungen für die Zusammenarbeit zu treffen (Linienorganisation)
  • Hausmessen, bei denen sich Bereiche bzw. Teams gegenseitig vorstellen
  • Leadership-Dialoge, um das gegenseitige Kennenlernen der Führungskräfte zu fördern
  • Physisches Büro als Ort der Begegnung nutzen
  • Feiern von Sommerfesten, Weihnachtsfeiern etc., um den gemeinsamen Spirit zu fördern
  • Kommunikationsformate wie Vorstandsfrühstück oder Video-Calls für regelmäßige Updates und Beantworten von Fragen
  • Regelmäßigen Newsletter mit Updates veröffentlichen
  • Cockpit-Raum mit visualisierter Roadmap und Roadmap der Unterprojekte, um den Stand der Dinge sichtbar zu machen

Je professioneller, strukturierter und transparenter die PMI-Phase verläuft, desto schneller wird sich die neue Organisation stabilisieren. Alle Beteiligten müssen zunächst persönliche Sicherheit gewinnen, dann werden sie auch die Herausforderungen der Startphase annehmen können. Dazu gehört, dass sie sich kennenlernen und Vertrauen aufbauen. Der Unterschied zwischen einem guten und einem sehr guten Team hängt wesentlich davon ab, wie gut sich die Mitglieder kennen. Ein Team-Workshop in Präsenz wirkt stabilisierend und bietet viele Gelegenheiten, die Kolleg:innen aus anderen Perspektiven zu erleben. Ein informeller Abend sollte inkludiert sein: Miteinander ein Gläschen Wein trinken, sich für den Menschen hinter der Funktion interessieren. Die gute Stimmung überträgt sich auf das Arbeitsklima, davon profitiert die Zusammenarbeit.

Erfolgreiche Transformation durch Post-Merger-Integration

Das Closing ist ein wichtiger Meilenstein im Merger. Ebenso wichtig für den Erfolg des Mergers ist die kulturelle Integration, die ab Day One einsetzen muss. Die neue Organisation braucht eine neue, gemeinsame Identität, damit die erfolgreiche Kooperation Realität wird. Es ist wichtig, den Day One und die Wochen und Monate danach gut zu planen. Das Narrativ der Transformation und zahlreiche Instrumente geben den Führungskräften und Mitarbeiter:innen jene Orientierung und Sicherheit, die sie als Individuen und als Mitglieder der Teams, Bereiche und des Gesamtunternehmens brauchen, um zum Erfolg des neuen Unternehmens beitragen zu können.

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