Heute möchte ich von unserem erfolgreichen Projekt bei Merkur Versicherung erzählen, in dem wir die Servicequalität der internen IT Organisation mit Hilfe von Flight Levels optimiert haben. Der reibungslose Ablauf der digitalisierten Wertschöpfungsprozesse ist wesentliche Grundlage für erfolgreiches Business. Im Hintergrund braucht es dafür ein Team, das den Betrieb der IT-Systemlandschaft sicherstellt und weiterentwickelt.

Diese Abteilung „IT Betrieb“ der Merkur Versicherung mit Hauptsitz in Graz ist als interne Service Organisation essenziell, um die Digital Operation des Unternehmens zu gewährleisten. Der steigende Digitalisierungsgrad und die immer komplexer werdende Systemlandschaft forderten das Team jedoch stark im operativen Tagesgeschäft. Es zeigten sich klassische Herausforderungen einer IT Service-Organisation:

  • Viele offene Anfragen aus dem gesamten Unternehmen
  • Lange Durchlaufzeiten in der Abarbeitung
  • Themen werden oft nicht im vereinbarten Zeitraum fertig
  • Wenig Zeit für strategische Projekte und Innovation

Agiler Transformationsprozess. Digital & Partizipativ

Robert Picher (Leiter der Abteilung) und sein Team wollten diesem Trend entgegenwirken und den IT Betrieb entsprechend weiterentwickeln. Zur Unterstützung wurde fifty1 an Bord geholt.

Es galt einen Transformationsprozess aufzusetzen, der das Team einbindet und gleichzeitig schnell erste Ergebnisse zeigt. Damit das Team dabei möglichst wenig zusätzliche Belastung durch den Prozess erfährt, haben wir einen iterativen Ansatz mit Mikro-Changes gewählt:

  • In 3-wöchigen Zyklen wurden halbtägige Transformations-Workshops mit dem gesamten Team durchgeführt, in denen kleine Schritte der Veränderung erarbeitet wurden.
  • Zwischen den Workshops wurden die vereinbarten Maßnahmen erprobt und umgesetzt. Die Erfahrungen wurden im nächsten Workshop reflektiert, das Vorgehen angepasst.
  • Für die Umsetzung der Maßnahmen wurde ein begleitendes Coaching aufgesetzt.
  • Die Workshops wurden zu 90% digital abgehalten. Das ermöglichte den üblichen Arbeitsrhythmus des Teams mit verteiltem Arbeiten, Bereitschaftsdiensten und Home Office aufrecht zu erhalten.

Wichtig bei diesem iterativen Vorgehen war die gemeinsame Ausrichtung. Dafür formulierten wir 3 Kernziele für den Transformationsprozess des Teams:

„Wir sind wirksam.“ – Es sollten Wirksamkeit und Performance des Teams erhöht und sichtbar gemacht werden. Dadurch sollte vor allem auch Freiraum für strategische Themen und Weiterentwicklung geschaffen werden.

„Wir wissen, was zu tun ist.“ – Im Fokus lag die Etablierung eines strukturierten Eingangs, der Priorisierung und geordnete Abarbeitung der Anfragen aus der Organisation an das Team. Dabei sollte die Selbstorganisation bei der Aufgabenverteilung und Abwicklung gestärkt werden.

„Wir sind verlässlicher Partner für die Organisation.“ – Ziel war, die Themen im vereinbarten Zeitraum zu erledigen und gleichzeitig als gleichberechtigter Partner in der übergeordneten Gesamtplanung mitzugestalten.

Abbildung 1 – Der agile Transformationsprozess

Mit Flight Levels zum Erfolg

Im Kern hatte Robert Picher schon immer die Idee, die Arbeit des Teams agiler zu organisieren. Nicht zuletzt, da das Unternehmen sich ganzheitlich als agile Organisation aufstellt und insbesondere die dem Betrieb vorgelagerte IT Entwicklung in den letzten Jahren eine Transformation hin zu agilem Vorgehen (Scrum) vollzogen hat.

In einer ersten gemeinsamen Analyse im Team wurde schnell sichtbar, dass dafür noch wesentliche Voraussetzungen geschaffen werden mussten. Wir entschieden uns in Anlehnung an Kanban Flight Levels die Arbeit des Teams in 3 Ebenen zu organisieren:

  • Level 1 – Organisation der täglichen Arbeit und einzelner Tasks für die Teammitglieder
  • Level 2 – Koordination der Projekte und komplexeren Tätigkeiten im Team und auch teamübergreifend
  • Level 3 – Strategische Ausrichtung des IT Betriebs

Start mit Level 1 – Das operative Tagesgeschäft

Wir starteten also mit Level 1, um das operative Tagesgeschäft transparenter und strukturierter zu gestalten.

Zunächst brauchte es ein gemeinsames Verständnis der verschiedenen Kategorien an Arbeiten im Team und auch die Verständigung über die Priorisierung dieser Arbeiten.

Abbildung 2 – Kategorisierung und Priorisierung der Arbeit

Im ersten Zyklus entschieden wir uns für 3 Mikro-Changes:

  • Einteilung der Arbeit in Kategorien & Prioritäten
  • Sichtbarmachen der tatsächlichen Tätigkeiten im Team durch Activity Tracking
  • Einführung eines Team Daily

Durch das initiale Activity Tracking wurde ein gemeinsames Bewusstsein im Team für das Big Picture der Aufgaben erreicht. Durch das Team Daily schafften wir stärkere Vernetzung im Team und einen kontinuierlichen Abgleich.

Im zweiten Zyklus galt es, das neue Vorgehen im Tooling abzubilden und noch mehr Transparenz für Level 1 zu schaffen. Das Team nutzte bereits JIRA zur Verwaltung ihrer Aktivitäten. So wurden folgende Mikro-Changes umgesetzt:

  • JIRA-Views für Team und jedes Teammitglied aufsetzen
  • Neue Regel, dass jeder seine JIRA-Tasks täglich aktualisiert
  • Wöchentlicher Check der JIRA-Stati selbstorganisiert im Team
  • Monatlicher Review des E/A-Trends (neue vs. abgeschlossene Tasks auf Level 1)

Das erfreuliche Zwischenergebnis:

In etwas mehr als 2 Monaten wurde der Level 1 inklusive Abbildung in JIRA implementiert. Das Team hatte wesentlich mehr Transparenz über den Arbeitsbacklog und jedes Teammitglied konnte die täglichen Prioritäten-Entscheidungen besser treffen.

„Das Team wusste nun viel besser, was zu tun ist.“

Weiter mit Level 3 – Einfache Optimierungen der strategischen Ebene

Nun konnten wir uns den übergeordneten Ebenen widmen. Für Level 3 – die strategische Ebene – identifizierten wir 3 verschiedene Eingangskanäle:

  • Unternehmensstrategie und daraus abgeleitete strategische Vorhaben
  • Regulatorische Maßnahmen, die oft schwer planbar sind
  • Interne IT-strategische Themen, wie z.B. IT-Security Projekte

Es war schnell klar, dass wir nur dann eine echte Verbesserung schaffen, wenn wir die unterschiedlichen Bedürfnisse der Organisation besser harmonisieren. Hier war der wesentliche Mikro-Change die verschiedenen Stakeholder in einem gemeinsamen Meeting zusammenzubringen.

Im 3-Monats-Rhythmus werden mittlerweile alle strategischen Themen für den IT Betrieb abgestimmt und priorisiert. Organisiert wird das Meeting durch den Leiter des IT Betriebs.

Eine einfache und gleichzeitig sehr effektive Maßnahme, die ebenfalls schnell Wirkung zeigte: Durch den Abgleich von strategischen Zielen und den operativen Möglichkeiten auf Basis des Level 1-JIRA-Reportings ist nun eine realistischere Planung und Priorisierung auf strategischer Ebene möglich.

Der IT Betrieb hat damit die Führung der eigenen strategischen Themen übernommen und kann die eigene Auslastung wesentlich besser darstellen und steuern.

„So wurde der IT Betrieb in kurzer Zeit zum verlässlichen Partner für die Organisation.“

Abbildung 3 – Das Zusammenspiel der 3 Levels

Last but not least: Level 2 – Die koordinative Ebene

Der finale Schritt war die Koordination auf Level 2 zu optimieren. Es zeigte sich, dass hier 2 unterschiedliche Abläufe betrachtet werden müssen:

  1. Top-Down. Die Ableitung von Projekten und Epics aus strategischen Vorhaben
  2. Middle-in. Die Einplanung von komplexen Tätigkeiten und Change Requests aus dem laufenden Betrieb

Gerade die Strukturierung der Middle-in-Themen war essenziell, um eine nachhaltige Verbesserung der Situation zu erzielen. Davor waren viele dieser komplexen Aufgaben direkt auf Level 1 und damit bei einzelnen Teammitgliedern zugeordnet worden. Die Folge waren überbordende Arbeitsbacklogs und schwierige Priorisierung der Arbeit.

Die wesentlichen Mikro-Changes zielten daher darauf ab, eine klare Trennung von Level 1 und Level 2 zu etablieren und für eine effiziente Abstimmung von Level 2 zu sorgen:

  • Eindeutige Kategorisierung für die Zuordnung von Themen zu Level 2
  • Installation eines effizienten, wöchentlichen Koordinationsmeetings („IT Planungsmeeting“)
  • Abbildung des Prozesses bzw. der Stati, die die Themen auf Level 2 durchlaufen in JIRA

Das Herzstück der Optimierung ist das wöchentliche IT Planungsmeeting. Dafür wurde ein neuer Ablauf entwickelt, der dem Team erlaubt in einer Stunde die gesamte Koordination durchzuführen. Zusätzlich wurde Level 2 als Prozess und in JIRA sauber abgebildet.

Mit der Installation von Level 2 war es nun für das Team wesentlich besser möglich, die Ressourcen zwischen dem operativen Tagesgeschäft (Level 1) und den langfristigen und strategischen Themen (Level 2+3) zu steuern.

„Mit dem Zusammenspiel von Level 1, 2 und 3 wurde die Wirksamkeit des Teams sichtbar und nachhaltig erhöht.“

Schnelle Ergebnisse und Weiterentwicklung ohne Ende

Innerhalb von 5 Monaten konnten wir also alle 3 Levels implementieren und das Zusammenspiel der Ebenen durch entsprechende Abstimmungsmeetings und durch die transparente Abbildung in JIRA herstellen. Unser Transformationsprozess hat die gewünschten Ergebnisse in kurzer Zeit und unter Einbindung des gesamten Teams geschafft.

Das Team hat nun einen transparenten Blick auf das gesamte Arbeitsbacklog, kann die Themen gemeinsam besser priorisieren und ist damit wesentlich wirksamer. Die Optimierung der Servicequalität wird auch in der Organisation und an den wichtigen Schnittstellen zum Management wahrgenommen. Ein in allem großer Entwicklungsschritt für das Team IT Betrieb!

Für das Team war das jedoch noch nicht das Ende. Es hat beschlossen, die Zyklen zur Retrospektive und Weiterentwicklung ihrer Arbeitsweisen nun auch ohne die Begleitung von fifty1 fortzuführen. Das ist für uns bei fifty1 eines der schönsten Feedbacks aus Kundenprojekten – wenn es uns nicht mehr braucht und die Transformation weitergeht.


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