Bei fifty1 arbeiten wir mit Unternehmen in Transformationsprozessen und beschäftigen uns damit diese Organisationen zukunftsfit zu machen. Eine Herausforderung, die uns dabei immer wieder begegnet, ist die Frage, wie in Unternehmen verbindliche und nachhaltige Entscheidungen getroffen werden können. Nicht selten gibt es enorme Reibungsverluste durch endlose Diskussionen an deren Ende ein unbefriedigender Kompromiss steht, oder eine Entscheidung, die durch Zuwiderhandeln konterkariert wird.
Speziell in Transformationen kann das viel Drive nehmen und dem ohnedies anspruchsvollen Unterfangen schwer schaden. In einer komplexen Umwelt ist Stillstand eine Katastrophe, da die Dinge in der Regel eben nicht planbar sind und daher niemand genau sagen kann, was die Zukunft genau bringt. Um so wichtiger sind da eine Organisationen und Strukturen, die mit dieser Ungewissheit umgehen können und bereit sind Zusammenarbeit demnach neu zu denken.
In Bezug auf Entscheidungen bedeutet das, Konsens und faule Kompromisse bei Seite zu stellen und abseits der altbekannten Modelle neue Optionen anzudenken. Transformation braucht starke Entscheidungen und wie das gehen kann hat unser Kollege Oskar Dohrau sich angeschaut.
KONSENT – Herkunft und Bedeutung
Der Begriff Konsent
Konsent bedeutet schlichtweg Einverständnis. Dennoch ist es etwas völlig anderes als ein Konsens. Konsens bedeutet Übereinstimmung und diese ist im Konsent nicht für die Entscheidung nötig. Es geht um die Idee Entscheidungen unter gewissen Umständen mitzutragen, auch wenn die eigene Idee anders aussehen würde oder der respektive Vorschlag als nicht vollends optimal empfunden wird. Speziell in Transformationen braucht es das Verständnis dafür, dass Konsens und Kompromiss oft nicht das beste Mittel der Wahl sind.
Herkunft der Idee
Konsent ist ein zentrales Prinzip aus der Soziokratie, die Gerald Endenburg, ein niederländischer Unternehmer, in den 1970er Jahren populär machte. Die partizipative, auf Selbstorganisation basierte Organisationsmethode, half ihm das Elektrotechnik-Familienunternehmen, das er von seinen Eltern übernommen hatte, durch eine Krise zu führen, indem die Machtverhältnisse neu festgelegt wurden. An diesem Beispiel erkennt man schnell, dass es mehr braucht als nur einen neuen Modus. Es bedarf der Bereitschaft Neuland zu betreten. Dazu ist es in der Regel wichtig eigene Grundsätze zu reflektieren. Muss meine Handschrift immer sichtbar sein? Geht es mir darum voranzukommen und bin ich bereit etwas auszuprobieren und einer Entscheidung eine Chance in der Praxis zu geben?
Konsent für starke Entscheidungen
Die Gruppenentscheidungsmethode Konsent basiert auf dem Prinzip, dass Entscheidungen in einer Gruppe durch Abwesenheit von schwerwiegenden Gründen es nicht zu tun, genannt Einwand, getroffen werden und nicht durch Mehrheitsbeschluss oder durch Konsens. Eine Formulierung, die man selbst anders gewählt hätte, ist also an sich kein schwerwiegender Einwand, sondern eine Befindlichkeit. Auch hier lohnt es sich auch eigenes Verhalten kritisch zu reflektieren.
Wesentlich für die erfolgreiche Nutzung von Konsent in Unternehmen ist die Gestaltung des Entscheidungsprozesses und dabei vor allem des Auflösens von Einwänden.
Der Entscheidungsprozess kann informell, wie in der Soziokratie oder strukturiert wie in der Holokratie gestaltet werden.
Informell oder strukturell verankern?
Informell wird der Prozess durch eine Moderator:in gestaltet und beginnt in der Regel mit einem Vorschlag, der von einem Mitglied der Gruppe eingebracht wird.
Anschließend folgt eine Diskussionsrunde, in der Bedenken und Vorschläge zur Verbesserung des Vorschlags gesammelt werden. Die Moderator:in achtet darauf, dass alle zu Wort kommen und dass die Diskussion konstruktiv bleibt. Nachdem alle Bedenken ausdiskutiert wurden, wird überprüft, ob es schwerwiegende Einwände gibt. Wenn niemand einen schwerwiegenden Einwand hat, gilt der Vorschlag als angenommen.
Ein Einwand wird in der ganzen Gruppe gemeinsam aufgelöst. Dabei kommt der Moderator:in, die aktiv vermittelt und Lösungen anbieten soll, eine sehr wichtige Rolle zu.
Strukturell ist der Prozess stärker in die Struktur der Organisation verankert.
Der Prozess beinhaltet eine Phase der Klarstellung, in der Verständnisfragen zum Vorschlag gestellt werden können, gefolgt von einer Reaktionsrunde, in der Bedenken oder Anpassungsvorschläge geäußert werden.
Schließlich wird in einer abschließenden Runde geprüft, ob es Einwände gegen den Vorschlag gibt. Ein Vorschlag wird angenommen, wenn kein schwerwiegender Einwand vorliegt.
Ein Einwand wird formal auf Gültigkeit geprüft und dann von Einwandsbringer:in und Vorschlagsbringer:in aufgelöst. Die Moderator:in achtet ausschließlich auf den Prozess. Die Gruppe wird nur auf Wunsch der Beteiligten aktiv.
PROs & CONs
Folgend ein Stärken und Schwächen Vergleich zwischen den Implementierungen:
Informell
+ Hohe Flexibilität, Ablauf kann der Situation und den Bedürfnissen angepasst werden
+ Mehr Wertschätzung und Beteiligung
+ Fokus auf Gemeinsam und Gruppe
– Kann in der Durchführung sehr langwierig werden
– Viel Raum für Gruppendynamik und Befindlichkeiten
– Moderator:in ist ein kritischer Faktor, hohe soziale Kompetenz notwendig, keine Teilnehmer:in der Gruppe
Strukturell
+ Klare Struktur
+ Klare Verantwortungen und Rollen, fördert Eigenverantwortung
+ Fokus auf Effizienz und hohe Entscheidungsgeschwindigkeit
+ Moderation kann in der Gruppe wahrgenommen werden
– Aufwändiger in der Einführung
– Wirkt anfangs sehr unüblich, ‚kalt‘ und einschränkend
– Kann sehr bürokratisch werden
fifty1 Praxistipps
Im Businesskontext wird eine strukturelle Implementierung empfohlen, mit Elementen, um den Schwächen gegenzusteuern. Was es aus unserer Sicht in jedem Fall braucht ist eine ernsthafte Auseinandersetzung mit der Methode, mit Mustern in der Organisation und mit sich selbst. Ohne Konsens, Mehrheitsentscheidungen oder Kompromissen zu arbeiten kann ordentlich am Kooperationssystem rütteln und daher empfiehlt es sich hier nichts zu überstürzen, sondern in mehreren Etappen zu reflektieren wie man damit zurecht kommt. Starke Entscheidungen in der Transformation stellen den Unternehmenserfolg in den Vordergrund und oft auch gewohnte Muster und Rollenausübungen in Frage.
Willkommen in der fifty1 Welt
Mit unserem hXt Beratungsangebot und der fifty1 Akademie wollen wir Menschen wirksam und Organisationen zukunftsfit machen. Es geht darum das Mindset zu entwickeln sich auf Neues und teilweise Ungewohntes einzulassen und die Organisation so zu bauen, dass Menschen Verantwortung übernehmen wollen und können.
Das Thema Entscheidungen treffen ist dabei ein zentrales. Wenn du gerade darüber nachdenkst, wie du mit deiner Organisation den nächsten Schritt machen kannst: melde dich!
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