Syntegon ist ein weltweit führender Anbieter von langlebigen Lösungen im Bereich Abfüll- und Verpackungstechniken in der Lebensmittel- und Pharmaindustrie. Nach dem Verkauf des Geschäftsbereichs von Bosch Packaging Technology 2020 hat Syntegon seine Strategie und Geschäftsmodell angepasst und neben dem Maschinenbau den Service bestehender Anlagen in den Fokus gerückt. Aus einer von Syntegon dafür beauftragten Studie war hervorgegangen, dass durch die niedrige Kundenzufriedenheit in der Ersatzteilversorgung Verkaufspotenzial an Wettbewerber verloren ging. Um diesem Umstand Rechnung zu tragen und die Kund:innenbedürfnisse besser zu befriedigen, hat der Bereich Supply Chain 2021 gemeinsam mit fifty1 eine Customer Journey Map erstellt. Diese dient seither als gemeinsames Zielbild für die Ersatzteilbeschaffung und als Grundlage für die Ausrichtung strategischer Entscheidungen.

Im Interview mit fifty1 erinnert sich Volker Schemmann, Director der Service Supply Chain bei Syntegon, an das Projekt und erzählt von den Wirkungen, die heute noch spürbar sind.

 

fifty1: Herr Schemmann, Syntegon hat 2021 mit fifty1 eine internationale Customer Journey aufgesetzt. Wie kam es dazu?

Der Hintergrund war der Umbau unserer Serviceabteilung. Bisher waren unsere Customer Service Center regional aufgestellt. Bei der Betrachtung unserer Serviceleistungen aus Sicht unserer Kund:innen, haben wir festgestellt, dass unser Servicebereich zentralisiert und mit Fokus auf die Kundenbedürfnisse umstrukturiert werden musste.

Ich war damals Projektleiter und habe die Umsetzung dieser Strategie geführt. Gemeinsam mit Vice President Thomas Wolf haben wir uns der Frage gestellt: wie gehen wir diese Transformation an? Dabei ist uns aufgefallen, dass wir uns viel zu viel mit uns selbst, also mit internen Themen der Organisation, beschäftigten. Dabei brauchten wir einen Außenfokus! Was brauchen unsere Kund:innen? Und wie müssen wir uns organisieren, um das zu erreichen? Das waren die relevanten Fragen!

In der Literatur bin ich über die Customer Journey Map gestoßen. Diese Methode erlaubt es, direkt von Kund:innen die Bedürfnisse zu erfragen und diese sichtbar in einer Landkarte zu visualisieren, die uns fortlaufend als greifbares Ziel unserer Transformation dient. Also haben wir uns auf die Suche nach einem Partner gemacht, der Erfahrung mit dieser Methode hat. So kamen wir zu fifty1.

 

fifty1: Wie seid ihr den Prozess angegangen?

Wir standen vor einer besonderen Challenge: unser Prozess fiel mitten in die Corona Zeit. Hier hat uns die digitale Arbeitsweise von fifty1 und vor allem deren Knowhow in der Gestaltung solcher Prozesse remote sehr geholfen.

Von Beginn an war klar: Wir wollen den Prozess gemeinsam mit den Regionen machen. Also haben wir Service Centers in den USA, in China, in Südostasien und in Europa involviert. Gemeinsam mit ihnen stellten wir uns den wichtigen Fragen:

  • Welche Kund:innen sollen befragt werden?
  • Wer sind unsere Ansprechpersonen innerhalb der Kunden?
  • Und wie wollen wir diese befragen?

Wir entschieden uns, dass quantitative Umfragen nicht ausreichend waren, um unsere Fragen zu beantworten, und entwickelten stattdessen qualitative Deep Interviews – Einzelinterviews mit je einer Stunde pro Person. Dazu wurde ein genereller Leitfaden erstellt und die verschiedenen Sprachen der Regionen übersetzt. Nach einem Training zur Interviewführung aller Beteiligten, machten sich die regionalen Service Center an die Befragung der Kund:innen. Das hier so viel Engagement aus den Regionen kam hat uns besonders gefreut! Außerdem hat sich das Führen der Interviews in der jeweiligen Landessprache als großer Vorteil – auch gegenüber dem Eindruck, den es bei Kund:innen hinterlassen hat – entpuppt.

 

fifty1: Was habt ihr mit den Ergebnissen der Umfrage gemacht?

Das Ergebnis der Umfragen ist abstrakt – es ist viel Papier! (lacht) Gleichzeitig haben wir schon an diesem Punkt extrem viel gelernt. Das wichtigste Learning für uns war, dass obwohl wir die Interviews spezifisch über Ersatzteilversorgung führen wollten, die Kunden mit uns alle über das Serviceangebot gesamt sprechen wollten. Dadurch haben wir gelernt, dass für Kunden jede Serviceleistung im Gesamtkontext steht.

Um das Ergebnis der Umfrage nutzbar zu machen, haben wir als erstes eine Fact Finding Wall gemacht; eine Mindmap mit vielen Clusterthemen. Diesen wurden Einzelthemen und Statements von Kunden zugeordnet. Und bis heute können wir diese Wall für unser Sales nutzen!

 

fifty1: Und wie entsteht aus so vielen Informationen nun eine Landkarte?

Das war ein ganz besonderer Prozess!

Um die vielen Informationen in eine Customer Journey Map zu bekommen, haben wir – remote! – gemeinsam mit den Regionen und noch einigen wichtigen Multiplikatoren unserer Organisation über drei Tage und mehrere Zeitzonen hinweg sehr intensiv gearbeitet.

Die Vorgabe war einen Prozess für ein Zentrallager (mit Varianzmöglichkeiten in den Regionen) zu entwickeln. Wir identifizierten welche Prozessschritte unsererseits unerlässlich waren, was die großen Abschnitte des Prozesses waren und was uns die Kund:innen dazu erzählte – und das alles mit Blick darauf wie der bestmögliche Prozess für Kunden aussehen müsste.

Asien hat den Prozess begonnen, dann haben sie ihr Ergebnis an die Amerikaner übergeben, die damit weitergearbeitet haben. Und so ging das reihum durch die Zeitzonen und Regionen. Ein besonderes Learning für uns war, wie wichtig die Verwendung von Bildern und positiven Erlebnissen in diesem Prozess war – es hat den Spaßfaktor erhöht und das emotionale Element der Zusammenarbeit befeuert. Das haben wir von fifty1 gelernt.

 

fifty1: Wie hat euch das Ergebnis weitergebracht? Wie war die Wirkung der „Customer Journey Map“?

Letztendlich ist das Ergebnis jetzt ein simples Bild. Dieses Bild hat aber in unserer Organisation und auch in unserer Transformation eine enorme Kraft entwickelt.

Die Customer Journey Map zeigt „das ist das, was wir machen wollen“ und die relevante Frage dazu – auf jeder Ebene – ist nun „was ist mein Beitrag dazu?“ Das hat die Diskussionen bei uns grundlegend verändert: Es geht nicht mehr darum „du hast jetzt einen neuen Chef und das SAP ist anders“ sondern der Fokus liegt auf „wir wollen dieses Bild realisieren“ – und das gibt eine ganz andere Kraft und Dynamik.

Wir haben volle Klarheit, wenn es darum geht „was bringt x dem Kunden“. Und wenn wir den Vorteil für den Kunden nicht erklären können, dann tun wir es nicht.

 

fifty1: Woran habt ihr erkannt, dass ihr euer Ziel erreicht habt?

Die Customer Journey Map ist in dem Fall kein Ziel sondern ein Mittel um uns den Weg zum Ziel zu erleichtern. Und das tut sie. Sie hängt in jedem Teambüro und auch heute (2023) wird noch regelmäßig darauf referenziert.

Im Sinne des eigentlichen Ziels, haben wir mittlerweile den Aufbau der neuen Service Supply Chain erreicht. Nun sind wir gerade dabei die verschiedenen Werke in einen zentralen Prozess zu integrieren. Die Realisierung der idealen Customer Journey, wie sie in der Customer Journey Map dargestellt wird, haben wir noch nicht erreicht. Das wird wohl noch eine Weile dauern. Aber gerade über längere Zeit hinweg hilft uns die anschauliche Darstellung der Customer Journey Map das Ziel im Auge zu behalten.

 

fifty1: Welchen Unterschied habt ihr nach der Customer Journey gespürt?

Wir haben Unterschiede auf mehreren Ebenen gespürt: bei den Kunden, in unseren Regionen und in der Firma als Ganzes.

Bei den Kunden hat die Customer Journey zum Einen das Signal gesetzt, dass Syntegon Interesse an ihren Bedürfnissen hat. Das wurde sehr positiv aufgenommen. Gleichzeitig wurde durch die Gespräche auch der Wunsch nach Veränderung größer. Noch haben wir zu wenig Arbeitszeit investiert, um an das ideale Bild heranzukommen und so kommen auch die gewünschten Veränderungen erst langsam bei den Kunden an.

In den Regionen haben wir viel Engagement und Rückhalt erlebt. Das war mir besonders wichtig, damit das Ergebnis der Customer Journey Map ein Soft-Landing in der Organisation finden kann. Die Zusammenarbeit mit den Regionen hat einige Vertrauensträger:innen des Ergebnisses und des Prozesses erzeugt, die sowohl den Spirit als auch das Zielbild bis heute gut in ihren Regionen vertreten.

Und auch in der Firma als Ganzes haben wir insofern einen Unterschied erlebt, als wir den Prozess mit fifty1 so gestaltet haben, dass sie uns nicht nur mit ihrer Expertise zur Methodik unterstützt haben, sondern wir auch intern befähigt wurden, diese Methode von nun an selbstständig anzuwenden. Insofern wurde die Firma hier mit neuem Knowhow bereichert.

 

 


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